Fanbericht aus Sachsen
Von Martin
Das Jahr aus schwarz-gelber Sicht ist zu Ende, Sommerpause,
Trallala, aber für mich stand am Sonnabend noch ein ganz besonderer
Höhepunkt an. Pinnow und seinem SV 90 einen Besuch abstatten. Die
Uckermark, bisher für mich ein jungfräulich-weißer Fleck auf meiner
Fußballleben-Landkarte, sollte nun endlich kennengelernt werden,
nachdem ich zum eigentlich schon geplanten Besuch beim Derby gegen
Angermünde im April leider passen musste.
Euer Mitstreiter
Tom hatte mir in vielen Gesprächen euern tollen Verein und euer
Vereinsleben nahegebracht und mich richtig neugierig gemacht. Auch
wenn die Saison für die 1. Männermannschaft jetzt nicht so optimal
lief und ihr die nächste Runde wieder eine Klasse tiefer antreten
müsst, war ich voller Vorfreude und gespannt, was ich wohl erleben
werde. Kurz vor 8 Uhr am Morgen ging’s dann endlich los. Bus und
Straßenbahn zum Hauptbahnhof. Alles ganz geschmeidig. Die Karte war
schon vor Wochen gekauft. Der Eurocity aus Prag war pünktlich (Ja,
nach Pinnow fahren hat einen fußballinternationalen Hintergrund!
Bissel wie Eurobabogaal!) und schwebte mit paar Minuten Verspätung
in Berlin ein. Schnell in den Regionalexpress nach Angermünde
gestiegen und Kino vom Feinsten erlebt. Hauptstädter, die zu
Tagesausflügen in die Uckermark aufbrechen und daran scheitern,
Fahrräder so einzusortieren, dass alle Platz haben. Hinweisende
Durchsagen vom Zugbegleiter wurden gepflegt ignoriert. Verspätung
bahnte sich an. Und es kam, wie es kommen musste. An jedem Halt
wollten natürlich die raus, deren Räder am weitesten hinten standen.
Tumulte. Wortgefechte. Unglaublich. In Nullkommanix hing der Zug 20
Minuten hinter der Zeit…
Sportfreund Tom war so aufmerksam, mich
in Angermünde abzuholen, stand aber schon etwas unter Zeitdruck,
weil euer Kapitän für 13:15 Uhr zur Mannschaftssitzung geladen
hatte. Flugs über paar Dörfer nach Pinnow gefahren, die legendären
Pflasterstraßen mitgenommen und da erblickte ich euer Kleinod.
Eingebettet in ein hübsch anzuschauendes Dorf und sanfte
uckermärkische Hügel und Wiesen. Ein schöner Sportplatz. Tolle
Wiese, tolle Anlage.
Nach dem Kennenlernen einiger Spieler
und des Trainers hatte ich
mich
erstmal nach draußen zurückgezogen, um mir nochmal in Ruhe und
Andacht alles anzuschauen. Und ich wollte ja auch, ordentlich, wie
der Dresdner nun mal ist, eine Eintrittskarte kaufen. Nachdem das
Kassenhäusel besetzt war, habe ich selbige abgegriffen und
platzierte mich an einem der Stehtische und wendete mich der guten
Seele von der Getränkeversorgung zu. Bei den ersten kühlen
Hopfenkaltschalen, stets liebevoll von der guten Monika zubereitet,
durfte ich interessiert beobachten, wie alle mit angepackt und das
Spielfeld hergerichtet haben. Warmmachen, einspielen. Die
Zuschauerränge füllten sich langsam. Jung und alt. Viele, was mir
imponiert hat, in den Farben eures Vereins. Dann lernte ich euren
verletzten Ersatztorwart kennen, der mir ganz viel über eure
Vereinsphilosophie erzählt hat und mit dem ich schön paar Bierchen
zischen konnte. Zwischendurch durfte ich mir auch mal euer liebevoll
eingerichtetes und ausgestattetes Vereinsheim anschauen. Andächtig
verweilte ich vor den vielen Pokalen und den Exponaten der
Vereinsgeschichte. Wirklich echt schön.
Dann ging’s endlich los.
Die Protagonisten vom Gast aus Joachimsthal und vom SV 90 betraten
das Spielfeld. Der müde Sommerkick, der ob der doch recht hohen
Temperaturen in der prallen Sonne vielleicht zu befürchten war, war
es überhaupt nicht. Beide Mannschaften schenkten sich nichts. Pinnow
spielte ganz und gar nicht wie ein Tabellenletzter. Teilweise ganz
ansehnliche Kombinationen. Beherztes Kämpfen in der Defensive. Auch
der Zug nach vorne war auf alle Fälle zu erkennen. Vielleicht
manchmal bissel ängstlich nach einem Ballverlust, Angst vor der
eigenen Courage beim Pass nach vorn. Darf und sollte man aber auch
nicht überbewerten. Wenn man hintendrin steht, ist es mit dem
Selbstbewusstsein nicht so einfach und die Temperaturen taten sicher
ihr Übriges.
Euer Torwart in dem legendären Celtic-Trikot
wusste mit einigen richddsch gudden Aktionen und einer spektakulären
Glanzparade zu gefallen! Sensationell! Die Katze von Pinnow! Kurz
vor der Pause dann doch das Tor für die Gäste. Bissel glücklich,
aber egal. Pinnow gab sich in der zweiten Hälfte trotz sicher immer
schwerer werdender Beine nicht auf. Kampf und Leidenschaft waren
euch in keiner Situation abzusprechen. Und so gab’s dann mit dem
Schlusspfiff noch den mehr als verdienten Ausgleich! Insgesamt eine
gerechte Punkteteilung zweier Mannschaften, die absolut auf
Augenhöhe gespielt haben.
Ich finde, dass ihr in Zukunft
euren Jungs auf dem Platz ruhig mehr Zustimmung und Anfeuerung
zugutekommen lassen könnt. Euer verletzter Mitstreiter meinte
zwar, dass das nicht so üblich sei, Gesänge oder ähnliches
anzustimmen. Ich denke, dass es auf einen Versuch ankäme. Erstens
muss sich keiner dafür schämen und zweitens kann man auch mit 15, 20
Leuten ordentlich Ballett hinterm Zaun machen. Viele Tropfen bilden
irgendwann immer einen Fluss. Soll ja kein 90-minütiger
Dauersingsang sein, aber gemeinsames Einklatschen und paar
leidenschaftliche Parolen (völlig fair natürlich) kommen immer gut
und bringen vielleicht manchmal die fehlenden Prozente, die ein
Spiel umbiegen können. Also, nur Mut! Blamieren gibt’s bei sowas
nicht!
Nach dem Spiel habe ich mit vielen Spielern abgeklatscht
und viele schöne und lustige Gespräche geführt. Und immer wieder die
Erkenntnis, dass Pinnow und sein SV 90, ihr alle etwas ganz
besonderes seid. Zwei Kisten Bier wurden klar gemacht,
selbstgemachte Erdbeertorte ausgegeben. Nicht böse sein, dass ich
beim Kuchen nicht zugeschlagen habe. Ich denke, dass die
Energiespeicher der Spieler eher einer Auffüllung bedurft haben. Mit
gütlicher Genehmigung durfte ich einen kleinen Dynamo-Aufkleber an
einer Wand platzieren, so dass die ganze uckermärkische Fußballwelt
fortan sehen kann, was ihr für eine Anziehungskraft und für Freunde
habt. Neid wird euch begegnen…;-)
Auch euren Platz durfte ich
betreten und eure Wiese streicheln. Kultur!
Nachdem sich nach
paar Stunden die Reihen mehr und mehr gelichtet hatten, traten
Sportfreund Tom und ich gegen 20:15 Uhr die Rückreise an. Unterwegs
noch dem goldenen „M“ einen Besuch abgestattet und die ganze Fahrt
über Fußball gefachsimpelt, wurde ich kurz vor Mitternacht
wohlbehalten vor meinem Wigwam abgesetzt und nach einem Absacker-
und Runterkomm-Bierchen bin ich, immer noch völlig überwältigt und
exorbitant zufrieden, eingepennt. Liebe Fußballfreundinnen und
-freunde aus Pinnow, bleibt so wie ihr seid! Ihr könnt verdammt
stolz auf das sein, was ihr euch geschaffen habt und wie ihr für
euern kleinen, aber sehr, sehr feinen Verein und eure Gemeinschaft
lebt! Eine kleine, heile Welt, in der Freundschaft, Zusammenhalt
(auch außerhalb des Fußballplatzes), Leidenschaft und
Lokalpatriotismus existieren! Eben dieses vielbeschworene kleine
gallische Dorf, was einen anderen, aber besonderen Weg geht! Nehmt
dabei immer den ganzen Ort, vor allem die Jugend und Kinder an die
Hand! Darin liegt eure Zukunft! Im Herzen vereint! Für mich seit
Sonnabend nicht mehr nur die Vereinsphilosophie von Dynamo! Es ist
auch die von SV 90 Pinnow!
Ich wünsch‘ euch alles Gute auf
eurem weiteren Weg und werde alles, was sich mir bietet, stets
aufmerksam verfolgen! Habt Tausend Dank, dass ich bei euch sein und
euch und euern tollen Verein für einen langen Nachmittag erleben
durfte! Ich habe jeden Augenblick genossen und alles hat meine
Fußballseele gestreichelt!
Wir sehen uns wieder! Versprochen!
Sport frei und dynamische Grüße aus Elbflorenz